Ausbildung neu gedacht! Kreative Wege aus der Krise

Ausbildung neu gedacht! Kreative Wege aus der Krise

Azubis bekommen und halten - diese Herausforderung für Handelsorganisationen und Kaufleute stand im Mittelpunkt des 40. Bildungsforums von LZ direkt in der Edeka Zentrale in Hamburg.

Das Ausbildungskonzept von Edeka Prechtl aus Raubling ist nachahmenswert. Azubis zu finden gleicht im deutschen Lebensmittelhandel einer Mammutaufgabe. Aufgeben? Das kommt für die Ausbilder aus dem Handel, die sich jährlich beim Bildungsforum von LZ direkt treffen, nicht in Frage. Sich austauschen und gemeinsam Ideen entwickeln, lautet hingegen ihre Lösung. Und voneinander lernen.


Etwa von der Kaufmannsfamilie Prechtl aus Raubling. Sie betreibt in Oberbayern vier Edeka-Märkte. Die Eröffnung des fünften Marktes von Monika und Andreas Prechtl ist für Herbst 2026 geplant. "Wir bilden aus, damit die Leute bei uns bleiben" - mit diesem Statement bringt Fabian Jeremias, Human-Resources-Verantwortlicher bei Edeka Prechtl, beim 40. Bildungsforum von LZ direkt in der Edeka Zentrale in Hamburg die aktuelle Situation als Ausbilder im deutschen Lebensmittelhandel auf den Punkt.
Denn: Azubis haben hohe Ansprüche an ihren (potenziellen) Arbeitgeber - wenn dieser ihre Erwartungshaltung nicht erfüllt, kommen sie erst gar nicht oder sind schneller wieder weg, als man schauen kann. Bei Prechtl bleiben knappe 90 Prozent der Auszubildenden. Aktuell sind 20 junge Leute in der Ausbildung.
"Die Ausbildung anzupassen und ständig zu verbessern, ist enorm wichtig", sagt Fabian Jeremias. Denn wer zufrieden ist, wird zum Vermittler und wirbt andere Azubis an. Auf die Mund-zu-Mundpropaganda ist Prechtl angewiesen, kommen auf 100 Azubi-Plätze in Bayern doch lediglich 70 Bewerber. 

Vier Säulen der Aus- und Weiterbildung

Was die Ausbildung bei Edeka Prechtl besonders macht? "Die Weiterbildung bei uns basiert auf vier Säulen", sagt Jeremias. Das sind die klassische Ausbildung (u.a. Pflichtschulungen wie erste Hilfe, Brandschutzhelfer), fachliche Weiterbildung (u.a. Mopro, Kassentrick-, Fisch-, O&G-Schulung), persönliche Weiterbildung (etwa Führungsworkshops, individuelle Coachings) sowie interne Kommunikation (vertiefende Kommunikationsworkshops).

Besonders ist auch die seit 2014 eröffnete Prechtl Akademie. Hier finden regelmäßige Schulungen durch eigene Mitarbeiter sowie externe Trainer für die Mitarbeiter und Azubis statt. Der Vorteil: kurze Fahrtzeiten. "Der Zeitfaktor spielt eine wichtige Rolle. Bei längeren Anfahrtzeiten überlegen die Mitarbeiter viel eher, ob sie wirklich an einer Schulung teilnehmen. Vor allem für Teilzeitmitarbeiter oder Alleinerziehende kommt das oft nicht in Frage", erläutert der Personalexperte. 

Auch der Onboarding-Prozess ist bei Prechtl intensiv. Eine Woche lang bekommen die Azubis die wichtigsten Themen und Organisatorisches vermittelt. Das Highlight: Ein gemeinsamer Ausflug mit allen Azubis aus allen Lehrjahren bei verschiedenen Lieferanten. "So können sich alle untereinander vernetzen und sich austauschen. Das kommt super an", sagt Fabian Jeremias.

Enge Zusammenarbeit mit Schulen

Wie Prechtl sich attraktiv für die jungen Leute macht? "Wir arbeiten sehr eng mit Schulen in unserem Einzugsgebiet zusammen und sind bei allen Messen dabei", betont Jeremias. Doch das Dabeisein allein reicht nicht aus. Wichtig: Junge Azubis mitnehmen, die Face-to-Face und authentisch aus ihrem Alltag berichten.

Außerdem: Mit den Schulen Bewerbertrainings und Betriebsbesichtigungen mit Klassen unterschiedlichen Alters durchführen. Das macht die Schüler hautnah mit dem Alltag auf der Fläche vertraut und räumt mit Vorurteilen auf, die viele dem Lebensmittelhandel gegenüber mitbringen.  

Wo Edeka Prechtl zurzeit rekrutiert? "Wir stellen viele junge Leute aus Marokko ein. Der Vorteil: Sie nehmen die Ausbildung unglaublich ernst, sind motiviert, selbstständig, zuverlässig und ehrgeizig", betont der Ausbilder. Die meisten sind zwischen 18 und 23 Jahren. Sie kommen nach Deutschland, weil der Arbeitgebermarkt in ihrem Land sehr schlecht ist.

Schwierig: der hohe bürokratische Aufwand, das Überprüfen der Deutschkenntnisse und die Wohnungssuche. "Wir helfen natürlich gern", betont der Personaler. Sein Tipp: Aufpassen, dass man als Arbeitgeber die marokkanischen Azubis nicht bevorteilt. Das kommt bei den anderen nicht gut an. Wenn tatsächlich eine Notsituation besteht, weil jemand von heute auf morgen aus seiner Unterkunft raus muss, sollte man natürlich sofort handeln. 

Seine Erfahrungen mit jungen Leuten aus Marokko sind überwiegend positiv. Allerdings habe er auch schon zwei verloren. "Sie haben sich was anderes gesucht. Das kann aber auch mit deutschen oder anderen ausländischen Auszubildenden passieren", resümiert Fabian Jeremias.  

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